Feridun Zaimoglu kam als Sohn türkischer Eltern im Alter von 4 Jahren nach Deutschland. Eine sehr anstrengende, aber auch von Erwartungen überhäufte Reise legte er gemeinsam mit seinen Familienmitgliedern zurück. In München angekommen, kommt er nach einigen Stationen in Berlin an. Hier soll Zaimoglu aufwachsen und die Welt kennenlernen. Seine Nähe zur Literatur beginnt mit Comics, die er nahezu in einem Zug verschlingt. Als er nach dem Abitur nach Kiel kommt, um dort Medizin zu studieren, merkt er, dass dies nicht das Leben ist, das er sich ausgesucht hatte. Er bricht sein Medizinstudium ab, wechselt zur Kunst über und findet seine Bestimmung in der Literatur. Das ist auch die Zeit, in der Zaimoglus erstes literarische Werk “Kanak Sprak – 24 Misstöne vom Rande der Gesellschaft” entsteht. Er schafft mit akribischer Feinarbeit den hochexplosiven Beat der Straße aufs Papier zu bringen und spricht dabei die großen Probleme der türkischen Jugend der 90er an: Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und vieles mehr. Er macht dies wie kein anderer vor ihm und verdient zurecht den Titel “Malcolm X der Deutschtürken”.

In seinem frühen Wirken beschreibt er mit seiner farbenfrohen und metaphorischen Sprache vor allem die Schicksale junger Migrantenkinder; da sind die Liebesprobleme von Serdar, einem Werter der Neuzeit, oder die Memoiren des Kleinkriminellen Ertan Ongun. Trotz der inhaltlichen und sprachlichen Tiefe der Werke wurde Zaimoglu nicht von allen Lesern wahrgenommen. Preise wie der Adalbert-von-Chamiso-Preis, ein renommierter Preis, den deutschsprachige Autoren mit fremden Wurzeln erhalten, schoben ihn zudem immer mehr in die Ecke der Migrantenliteratur. Das sollte sich aber ändern.

Als im Jahre 2006 mit Leyla der erste große Roman von Zaimoglu erscheint, erkannte jeder, das Zaimoglu mehr als nur ein Nischenschreiber ist. Seine Sprache, die Komposition und nicht zuletzt die Vermischung orientalischer und abendländlicher Aspekte in seinem Werk ließen ihn zu einem erstklassigen Romancier avancieren. Er gehört seither zu den wichtigsten, aber auch begabtesten zeitgenössischen Autoren unserer Zeit. Die lange Reise, die damals am Münchner Hauptbahnhof anfing, endete 2006 endlich. Zaimoglu war nun in der deutschen Gesellschaft angekommen.

Aber Zaimoglu ist mehr als nur ein Romancier. Er ist auch ein sehr kritischer Denker unserer Zeit und auf keinen Fall unpolitisch. Er mischt sich in die deutsche Gesellschaft ein und will diese auch verändern. Es ist beispielsweise seiner Intervention zu verdanken, dass heute in der Islamkonferenz auch Frauen sitzen, die den Islam praktizieren. In seinen ZEIT-Kolumnen sprach er jahrelang Themen an, die den Puls der Zeit mit prägten. Sein großer Leitartikel “Mein Deutschland” zeigt die größte Besonderheit Zaimoglus, die Verbundenheit zu Deutschland.