HOUSE OF ONE

FÜR EINE GUTE NACHBARSCHAFT VON JUDENTUM, CHRISTENTUM UND ISLAM IM HERZEN BERLINS

Der Koran erwähnt Gebetsstätten anderer Religionen und erklärt sie zu Orten, die Schutz und Respekt verdienen:

Jene, die ungerechterweise aus ihrem Heimatland vertrieben worden sind, nur weil sie sagen: “Unser Herr ist Gott.” Wenn Gott die Menschen nicht in Zaum halten würde, die einen durch die anderen, dann wären Klöster und Synagogen und Moscheen, wo Gott ständig angebetet und Sein Name häufig genannt wird, gewiss niedergerissen worden. Gott hilft fürwahr all denen, die Seiner Sache helfen. Wahrlich, Gott ist voll der Stärke, des Ruhmes und der unwiderstehlichen Macht. (Sure 22:40)

Diesem göttlichen Hinweis folgend haben es sich viele Muslime im Laufe der Geschichte zur Aufgabe gemacht, neben ihren eigenen, auch die Heiligkeiten anderer zu beschützen.

Als Umar, ein enger Freund des Propheten, zu seiner Zeit als Kalif in Jerusalem nach einem Gebetsort fragte, bot der Patriarch Sophronius ihm an, das Gebet in der Kirche zu verrichten. Mit der Befürchtung, dass spätere Muslime diese Kirche als Andenken an das erste Gebet Umars in Jerusalem in eine Moschee umwandeln könnten, zog jener es vor, sein Gebet außerhalb der Konstantinskirche durchzuführen. Dies zeigt uns Muslimen, dass Umar den koranischen Vers über Schutz und Respekt der Gebetsstätten anderer Religionen auf diese Art und Weise verstanden und in seinem Leben umgesetzt hatte.

Auch Umar ibn Abdulaziz war eine ehrenwerte Persönlichkeit, die im Sinne dieser Koranstelle handelte. Als die Christen in seinem Lande sich darüber beklagten, dass ein ehemaliger Kalif ihre Kirche in Damaskus abreißen und stattdessen die Umayya-Moschee bauen ließ, ermöglichte er als Zeichen der Trauer und der Entschädigung, dass viele ehemalige Kirchen im Lande wieder belebt wurden. Bei der abgerissenen Kirche handelte es sich um die St. Johannes-Kirche in Damaskus, in welcher bereits im ersten Jahrhundert des Islams mehr als 70 Jahre lang Christen und Muslime unter einem Dach jeweils in eigener Tradition gebetet hatten. In der frühen Zeit des Islams hatten an vielen Orten Muslime ihre Gebetsstätten mit Christen geteilt.

Außerdem finden sich Überlieferungen, dass zu Beginn der islamischen Ära in Aleppo vertraglich festgehalten wurde, dass Christen ihre Gebetsstätten und Wohnhäuser mit Muslimen teilen werden.

Auch zu späteren Zeiten wurde der Geist des friedlichen Miteinanders fortgeführt. Zu den seltenen Orten, an denen unterschiedliche Gebetsstätten nebeneinander existieren, gehört der Stadtteil Kuzguncuk in Istanbul: ein Ort, an dem zwei griechisch-orthodoxe Kirchen, eine armenisch-apostolische Kirche, zwei Synagogen und eine Moschee in enger Nachbarschaft gebaut wurden. Auch Antakya gehört zu den Orten, die mit ihren eng beieinander gebauten Kirchen, Synagogen und Moscheen das Selbstverständnis des friedlichen Zusammenlebens der Geschichte in die heutige Zeit tragen konnten.

Heute brauchen wir Orte des friedlichen Miteinanders mehr denn je. So sind Juden, Christen und Muslime in Berlin zusammengekommen, um sich diese ehrenvolle Aufgabe zueigen zu machen. Wenn auch von Anfang an einige islamische Verbände Interesse an diesem Vorhaben gezeigt haben, konnten Vertreter des Forum Dialog mit ihrem Dialogverständnis, ihren Erfahrungen und islamisch-theologischen Fachkenntnissen überzeugen und sich an diesem besonderen Vorhaben beteiligen. Gemeinsam mit jüdischen und christlichen Freunden haben Vertreter des Forum Dialog 2011 den Verein Bet- und Lehrhaus am Petriplatz e.V. gegründet. Seite an Seite wurde nach einer Form des Zusammenlebens gesucht: einer Form, in der ein religiös unvermischtes Miteinander möglich sein sollte. Wir brauchten eine neue architektonische Sprache, die den theologischen Erfordernissen der drei abrahamitischen Religionen gerecht werden sollte. So starteten wir 2012 für unser gemeinsames Haus am Petriplatz, situiert im Herzen Berlins, einen internationalen Architekturwettbewerb. Als feststand, wie unser Haus – das House of One – aussehen sollte, wurde 2014 eine weltweite Crowdfunding-Kampagne gestartet.

Seither wurden unsere Mitarbeiter, die am Projekt mit Herzen dabei sind, deutschlandweit und international zu unterschiedlichen Veranstaltungen eingeladen und durfte für das Projekt werben. Demzufolge haben viele Bürgerinnen und Bürger muslimischen Glaubens weltweit, vor allem aus Deutschland, unser Anliegen unterstützt. Die vielen Spenden und herzerwärmenden Kommentare versteht das Forum Dialog als ein Beistand für das House of One; ein Zeichen dafür, dass viele muslimische Gläubige ein großes Herz für die interreligiöse Friedensaufgabe haben. Sie wünschen sich sehnlichst Zeiten, in denen sie gemeinsam mit dem Imam des House of One – in Nachbarschaft mit Juden und Christen – ihre Gebete auf dem Petriplatz halten können. Dass unser Aufruf zum Friedensaktivismus zu Umständen, in denen Hass und Gewalt die schönen Dinge im Leben überschatten, viele Menschen in Deutschland erreichen konnte, macht uns große Hoffnungen für die Zukunft.

Ein Ergebnis der erfolgreichen Zusammenarbeit stellt dar, dass Ende 2016 aus dem Berliner Verein eine Stiftung gewachsen ist. Das Forum Dialog dankt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, dem Abraham-Geiger-Kolleg, der St. Petri-St. Marien Kirchengemeinde und dem Ev. Kirchenkreis Stadtmitte für die nicht immer einfache, doch stets harmonische Zusammenarbeit der letzten Jahre. Unser Team bedankt sich bei unseren Partnern für die wertvollen Freundschaften, die entstanden sind. Wir bedanken uns bei den Freundinnen und Freunden des House of One und jedem einzelnen Spender, seien es Juden, Christen, Muslime, Andersglaubende oder Nichtglaubende.