Seit den 1960er Jahren begannen sich in Deutschland die Anliegen der Friedenspädagogik durchzusetzen. Ihr Ziel ist es, individuelle, gesellschaftliche und internationale Lernprozesse zur gewaltlosen und harmonischen Lösung von Konflikten zu arrangieren sowie zu fördern. Dabei ist die Stärkung des Selbstbewusstseins, das sogenannte Empowerment, jedes Einzelnen ein zentrales Anliegen. Konflikte werden grundsätzlich nicht als negativ interpretiert, sondern als akut. Sie werden von unterschiedlichen individuellen und gesellschaftlichen Anliegen und Entwicklungen, die nicht gewaltsam eskaliert werden, aufgefasst und erörtert.

Frieden ist nicht die bloße Abwesenheit von Krieg, sondern ein Prozess wachsender Gerechtigkeit für alle. Friedensfähigkeit beschreibt die sozialen Kompetenzen von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern, befreit von Vorurteilen und Feindbildern mit Menschen aus unterschiedlichen kulturellen und religiösen Räumen umzugehen und Empathie, Toleranz, Kooperation und Kommunikation zu fördern. Durch unterschiedliche Formen der Begegnung können Stereotype kritisch hinterfragt und abgebaut werden. Friedenspädagogen beteiligen sich an gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Prozessen und Entscheidungen, die zur Durchsetzung der Gerechtigkeit, Überwindung von Gewalt sowie der Förderung von Partizipation und Demokratie beitragen. Friedenspolitik ist letztlich Friedenspädagogik.

Eine gute staatliche und gesellschaftliche Friedenspolitik bedeutet die Anerkennung von Friedenspädagogik sowie deren strukturelle, praxisorientierte und projektbezogene Förderung. Die Friedenspolitik und Friedenspädagogik sollten alle Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft und Kirche einsetzen, um gewaltlos nationale und internationale Konflikte zu bearbeiten, Nichtregierungs-Organisationen, Unternehmen, Behörden und Regierungen zur Förderung des Friedens zu vernetzen, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen und zu fördern, in denen zivile Konfliktbearbeitung, Krisenprävention und Konfliktbewältigung national und international möglich ist.

Die Friedenspädagogik setzt ein Globales Lernen voraus, das nicht in erster Linie auf die Addition neuer Aufgaben und Lehrplaneinheiten zum bestehenden Bildungskanon zielt, es macht vielmehr eine prinzipielle Verschiebung des Bildungshorizontes an, in deren Folge tendenziell alle Bildungsinhalte im Lichte erweiterter räumlicher, sozialer und zeitlicher Kontexte neu entwickelt und diskutiert werden müssen. Indem sich Globales Lernen auf die Frage der persönlichen und gesellschaftlichen Entfaltung in der Weltgesellschaft bezieht, nimmt es ebenfalls Ideen und Grundgedanken aus der Dritte-Welt, Umwelt-, Friedens- und interkulturellen Pädagogik auf und macht sie in einem integrativen didaktischen Ansatz effektiv (vgl. GLOBAL LERNEN 1996: 2).

Globales Lernen knüpft an didaktischen Traditionen an, die insbesondere auch in der Bildungsarbeit der Kirchen und in der Religionspädagogik entwickelt wurden. Lange bevor die Rede von der „Globalisierung“ war, hatte schon der Theologe Ernst Lange klargemacht, dass „der Auftrag kirchlicher Bildungsarbeit auf den globalen ökumenischen Horizont verwiesen ist“ (ebd. 2).

Schlüsselfragen, die die Didaktiker des ökumenischen Lernens von Anfang an gestellt haben, waren: Wie können Lernprozesse, die nicht zwangsläufig Überforderung, Bedrohungsängste und Lernblockaden mobilisieren, Erfolg haben? Wie können Lehrer nach der Richtschnur des christlichen Gebots der Nächstenliebe gegenüber zukünftigen Generationen solidarisch und verantwortungsvoll handeln? (vgl. ebd.).

Die Friedenspädagogik verpflichtet vielmehr darauf, Bildungstheorie und Bildungspraxis gemeinsam in einem interkulturellen Diskurs zu erörtern und in internationalen pädagogischen Arbeitszusammenhängen solidarisch zu handeln. Die Friedenspädagogik ist noch keine Bildungsreform aber ein Indikator für eine Problemstellung, die zahlreiche Disziplinen (wie Erziehungswissenschaft, Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft Sprach- und Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Genderwissenschaft, etc.) in Zusammenarbeit mit Bildungspolitik und Bildungspraxis gleichermaßen umtreiben sollte.